Okay, das ist jetzt ganz schön hart ausgedrückt.

Wenn Du Dich mit Dir selbst beschäftigst, also wirklich mal mit Dir, nicht damit, was Du werden möchtest, wo Du hinmöchtest, sondern einfach nur Hier und Jetzt im Sein, dann kann es passieren, dass Du plötzlich auf Wahrheiten stösst, die Du gar nicht so radikal ehrlich wissen wolltest.

Ich erkläre hier mal Dir (und mir) was genau ich meine:

kopfkratzOftmals habe ich Schwierigkeiten damit, Komplimente anzunehmen, meine Augen beginnen dann leicht zu flackern, ich weiß nicht mehr, wohin ich gucken soll und manchmal rutscht mir ein dümmliches „echt?“ raus, manchmal lächle ich verlegen und ganz selten kommt einfach ein natürliches Danke heraus.

Das mag ich nicht an mir, es ist aber so.

Jetzt habe ich mal schreibenderweise darüber nachgedacht, warum dies so ist. Und zwar wollte ich einen Artikel über Selbstbewusstein schreiben, als plötzlich ein Gedanke mein Hirn kreuzte:

Elke, das willst Du nicht wirklich tun. Du. Also bitte, was könntest Du denn schon dazu sagen?

Ähm, ich antwortete mir selbst:

Naja, also ähm, naja, ich höre doch so oft, wie gut ich dieses oder jenes kann oder mache….

Jahaaaaaaaaaaaaaaaa, meine Liebe, ist das denn auch so?

Und ich begab mich auf den Prüfstand.

Glaube mir, mein eigener Prüfstand ist ein reines Folterinstrument.

Da werden Leute zusammengerufen, die Du -also in dem Fall ich- niemals auf nen Kaffee einladen würdest.

Das innere Team

Z.B. meine Clique, zu ihr gehören:

bockige Elke

Klein Elke

Die “nö, ich trau mich nicht”- bockige, nasehochziehende Göre.

Sie ist diejenige, die lieber bügeln geht, anstatt endlich das Livevideo zu machen, welches sie schon seit Wochen vorbereitet hat. Der richtige Augenblick scheint nur nie zu kommen, es ist entweder zu hell oder zu dunkel, zu früh oder zu spät, die Haare sehen doof aus und außerdem ist sie heute eh viel zu blass und übermüdet. Wie sieht das denn aus? Nee, geht gar nicht. (Sie ist lieber bockig als sich einzugestehen, dass sie grad keinen Mut hat – außerdem hat sie immer so viel zu tun, wann soll sie das denn alles machen? *räusper*)

Elke mit MotorradHardRock-Elke

Das ist die, die so hart zu sich selbst ist, dass sie gar nicht merkt, wenn sie völlig daneben liegt.

Jeder andere, wirklich jeder kommt ihr besser vor als sie selbst. Sie kann viel, hat tolle Sachen gelernt, man sagt sie sei hochintelligent und was sie, die Dumme? Sagt sich:

Naja, ach komm schon, das kann doch jeder. Was kann ich denn schon? Das kann doch jeder lernen, ist doch kein Problem.

Guck mal die, die setzt sich einfach vor die Kamera und erzählt eine Stunde lang Dinge, die ich schon seit 25 Jahren weiß, und sie hat Erfolg damit, weil es immer noch Tausende gibt, die das eben noch nie gehört haben. Super. Ja Hard-Rock Elke, das tut sie und was machst Du?

Du schreibst Dir 10 Seiten voll, machst Dir 140 Notizen und recherchierst dafür noch 7 Nächte, könnte ja sein, dass Du doch noch nicht alles darüber weißt.

Klein-Elke, die Bockige sagt dazu: „Ja, ganz genau; man kann nie genug recherchieren und wenn es Monate dauert, na und, besser als sich lächerlich zu machen!”

Bäääm, dieses Live wird niemals ausgestrahlt, es muss noch mindestens 6 x umgeschrieben werden.

Und dann wäre da noch die

Oberlehrerin ElkeOberlehrerinnen-Elke

Fast schon eine Fräulein Rottenmeier, sie hat die Arme verschränkt und wippt mit der rechten Fußspitze auf und ab, guckt streng, d.h. sie hat eine steile Falte zwischen den gezupften Augenbrauen und meckert rum:

„Pah, wie kann der sich so siegessicher dahin setzen und so ein Zeug schwafeln? Und das auch noch in den sozialen Medien? Wo Hunderte zuschauen? Das darf doch nicht wahr sein, wie kann man ein so hohles, plattes Zeug von sich geben und dafür auch noch bewundert werden? Schämen sollte man sich und die, die das noch hochtrabend kommentieren, sollte man doch echt löschen. Allein schon diese Rechtschreibfehler tztztzzzzz.”

Zu diesem Team gehört aber auch

zarte ElkeDie zarte Elke

Sie sagt:

Nanaaaaa, jetzt sei mal nicht so. Jeder hat die Berechtigung zu sagen, was immer er möchte. Und es gibt immer tatsächlich Menschen, die dieses Buch, dieses Zitat oder dieses Wissen noch nicht hatten.

Da ist es doch gut, dass sie hier eine Möglichkeit haben, dieses zu ändern. Freu Dich doch, dass Du das schon weißt und sei nicht so böse.

Ha! meldet sich die pubertierende Trotzelke, ihr stehen die Haare wie immer zu Berge, die kleinen Fäustchen aufs Äußerste angespannt und mit dem Fuß stampfend schnaubt sie:

Mennu, soll ich echt dafür hier alles raushauen? Die Leute sind doch nicht mal in der Lage einen Satz zu schreiben, mit diesem halbgegarten Wissen trauen die sich echt raus und nehmen auch noch Kohle dafür? Boa hey, dann haben die Konsumenten auch nichts anderes verdient als das, was sie bekommen.

Unter uns: Dieses Weibchen ist echt unangenehm, fühlt sich erhaben und vor allem intelligenter als der Rest der Clique und lässt keine Gelegenheit aus, dies ihrer Peergroup mitzuteilen. Kaum jemand kann sie leiden – aber da steht sie natürlich auch drüber 😉

Derweil knallt Trotzelke ihre Schublade mit dem 120-seitigen Pamphlet wieder zu und ist überzeugt davon, dass die Mainstreammasse da draußen es eh nicht kapieren würde. Sie macht sich wieder mal auf den Weg, intelligentes Leben zu entdecken. Gute Reise meine Kleine.

(hoffentlich dauert es ne Weile, bis sie wieder da ist, sie nervt.)

Eine große, graue, schwere Tür geht auf.

Mit voller Wucht schneit jemand in den Raum und bringt gleich noch 3 Leute mit, wie unhöflich, ohne Einladung!

GewissenDer erste „Gast“ sagt:

Hey Du, wen belügst Du hier eigentlich? Guck doch mal richtig hin, Du machst Dir was vor. Du hast doch nur Angst vor Ablehnung, Kritik, Zensur und vor allem vor Fehlern.

Ich schaue aus tränenverschleierten Augen diesen G-Man an, andere nennen ihn Gewissen. Ich mag ihn nicht, mochte ihn noch nie, vor allem, weil er Recht hat.

Ich schüttele den Kopf und sage:

Stimmt doch gar nicht, hab ich nicht, steh ich voll drüber, ich weiß, was ich tu und wie ich es zu tun habe, pah, wußte ich immer und Du bist ein Blödmann.

VerstandDa trifft mich auch schon ein Schlag vor den Kopf, volle Breitseite –patsch– es ist Mindman – das ist sein Tarnname, eigentlich heißt er Verstand und er schiebt sich am liebsten vor alle anderen und erklärt, warum alle anderen doof sind oder gut sind, wie er es gerade braucht. Ein Chamäleon der Rechtfertigungen, immer da, wo er grad nicht gebraucht wird. Wieso kommt der eigentlich überall rein? Mistding. Auf jeden Fall tut er mit dröhnender Stimme kund:

Hey Du. Bleib mal auf dem Teppich. Was glaubst Du, wer Du bist? Für was hältst Du Dich eigentlich?

Du kannst Dich doch nicht immer so winzig machen, wenn Du Dich was nicht traust und so riesengroß, wenn Du etwas wieder mal nicht getan hast, das ist doch meine Aufgabe, also überlasse das Beurteilen bitte mir – ansonsten werde ich Dir übel mitspielen.

Hinter den beiden großen, mächtigen Gestalten leuchtet plötzlich etwas helles, zartes, aufgeregtes auf.

Es ist… Herzmut.

HerzmutHerzmut ist überall willkommen, darf aber kaum irgendwo aktiv teilnehmen. Herzmut sagt:

Du, pass auf. Du hast Dich jetzt mal wieder echt fertig gemacht. Hör doch bitte auf damit, ich habe so viel damit zu tun, Dich immer wieder neu zu stärken und anzufüllen, dass ich schon ganz erschöpft bin. Bitte gib mir etwas Ruhe. Du bist das alles, was Du als Team in Dir hast und ich verrate Dir jetzt was: Uns allen geht es so.

Du aber bist tapfer, sprichst es aus und weißt genau, wer da immer grad zu Besuch ist, das ist ein Fortschritt. Höre Dir alle immer an und folge dann mir. Mache alles zu Deiner Zeit, in Deinem Stil, mit Deiner Art, denn so bist Du und da draußen gibt es Menschen, die Dich genau so kennen, lieben und respektieren, achten und brauchen. Sei für sie da. Höre auf, Dich um die zu kümmern, die Dich eh nicht verstehen, vergeude keine Zeit, verschwende nicht Dich und geh mit mir den Weg – ich kenne ihn genau, er führt zu Dir.

Komm jetzt.

Ich lege meine Hand in Herzmuts Hand und gehe ruhig und ergriffen mit.